Homepage

Konzeptidee

Artenlisten

Artenprofile

Naturschutz-Praxis

Chronologie

Links

Buchempfehlungen

Newsletter

Natur-Videos

Fotogalerie

Dank an...

Spiel

Suche

Kontakt & Spende

Hilfe

Impressum


 
 

Neuntöter, Rotrückenwürger - Lanius collurio LINNAEUS, 1758
Artenprofil von Axel Steiner
Letzte Änderung: 25.06.2015


Systematische Einordnung

Stamm: Wirbeltiere (Vertebrata)
Klasse: Vögel (Aves)
Ordnung: Sperlingsvögel (Passeriformes)
Familie: Würger (Laniidae)

Fotos (© Horst Jerzembek)
Olsberg-Gierskopp


(xxl-Foto)
Männchen
29.07.2014

(xxl-Foto)
Männchen
29.07.2014
 
Klick auf die kleinen Bilder oder xxl-Ansicht möglich
     
Besondere Merkmale



Neuntöter-Weibchen (© Horst Jerzembek, Olsberg, 29.07.2014, xxl-Fotos bei Bildklick)


etwas größer als Feldsperling; großer Kopf; langer Schwanz; seitlich zusammengedrückter Schnabel mit hakenartiger Oberschnabelspitze; Schnabel und Füße schwarzbraun

Männchen: schwarze Augenmaske; aschgrauer Scheitel; rostrote Flügel; keine Flankenbänderung; Brust und Bauch hell braunrosa; Kehle weiß; Schwanz kontrastreich schwarz-weiß

Weibchen: im Vergleich zum Männchen unscheinbar gefärbt; Kopfplatte bis zum Nacken braun bis graubräunlichquer gewellte Unterseite; keine Schwarztöne im Gefieder; braunerer Schwanz mit weniger Weiß; ähnlich gefärbt wie Jungvögel aber kräftigere Farben und oberseits ungebändert

Jungvögel: oberseits warm braun/rötlich gefärbt und schuppig gemustert; unterseits dicht quergewellt

Rufe/Gesang: gepresster, leiser, schwätzender Gesang mit knirschenden Lauten und Stimmimitationen anderer Vogelarten; ruft häufig heiser "dschääck"
Den schwätzenden Gesang des Neuntöters können Sie sich u. a. hier bei www.deutsche-vogelstimmen.de anhören.

Flug: kurze Flüge schnell und gerade, längere wellenförmig; im Flug sieht man weiße Ecken beiderseits an der Schwanzwurzel

Das komplette Federkleid des Neuntöters können Sie sich hier anschauen: www.federbestimmung.de


Körperlänge: 17 cm
Flügelspannweite: 24-27 cm; Flügellänge: 82-101 mm
Gewicht: 22,5-35 g (Männchen), 23-41 g (Weibchen)

Ähnliche Art:
In unseren Breiten ist der Neuntöter - insbesondere das Männchen - eigentlich nicht zu verwechseln. Der Raubwürger (Lanius excubitor) ist deutlich größer und besitzt keine bräunliche Gefiederfärbung. Ansonsten ist diese Art sehr selten (ca. 5000 Brutpaare in ganz Mitteleuropa!) und in NRW nur mit 30-50 Brutpaaren vertreten.

Lebensraum
Offene sonnig-warme Landschaften mit strukturreichen Heckenlandschaften, die Ansitz- und Nistplatzmöglichkeiten bieten gehören zu den bevorzugten Habitaten des Neuntöters. Moor- und Heideflächen, Trockenrasen mit dornigem Gebüsch, extensiv genutzte Wiesen, Streuobstflächen, Waldlichtungen, Kiesgruben oder Weinberge kommen ebenfalls in Frage. Für die Beutejagd werden vegetationsarme Flächen benötigt.

 
 

Offene Heckenlandschaft: Hier fühlt sich der Neuntöter wohl
(© Axel Steiner, Breckerfeld, 07.06.2015 und 14.06.2015, xxl-Fotos bei Bildklick)


Das freie Feld, Wald, Gärten und Siedlungen werden von ihm gemieden.

 
 

Neuntöter behalten in "ihren" Hecken gerne den Überblick
(© Dietrich Kolbe, Ennepetal, 07.07.2014 (1), 20.07.2010 (2), 02.08.2011 (3+4), xxl-Fotos bei Bildklick)

Aufgrund der hellen Körperunterseite kann man Neuntöter gut erkennen, wenn man sie auf ihrer meist exponierten Warte sitzend entdeckt.

Biologie und Lebensweise
Als typischer Sommervogel kehren die Neuntöter ab Mai aus ihren Winterquartieren zurück in unsere Breitengrade. Erst dann können sie hierzulande ihre bevorzugte Beute - große Insekten - jagen. Die Altvögel bleiben dann bei uns bis August. Die Jungvögel folgen den Elterntieren Ende September nach Afrika.



Neuntöter-Jungvogel (© Horst Jerzembek, Olsberg, 24.06.2015, xxl-Foto bei Bildklick)

Neuntöter jagen ähnlich wie Greifvögel indem sie von erhöhter Position Ausschau nach ihrer Beute halten, die sie dann anfliegen und meist vom Boden ergreifen. Manchmal rütteln sie auch über ihrer Beute ähnlich wie Turmfalken. Bei Nahrungsüberschuss wird die Beute als Vorrat für schlechtere Zeiten an dornigen Ästen oder auf Stacheldraht aufgespießt.
Als Zeichen der Erregung schlagen Neuntöter mit ihrem Schwanz seitwärts.

Die Brutzeit der einen Jahresbrut reicht von Mitte Mai bis Anfang Juni.



Neuntöter-Jungvogel (© Horst Jerzembek, Olsberg, 23.07.2014, xxl-Fotos bei Bildklick)


Nest: Die Nester werden meist in Dornensträuchern (z. B. Heckenrose, Schlehe, Weißdorn, Brombeere, aber auch Fichten) angelegt. Beide Geschlechter helfen beim Bau des Nestes, das ein fester Napf ist und aus Zweigen, Moos und Stängeln besteht und mit Tierhaaren ausgepolstert wird.

Eier: (4-) 5-6 (-7); variable Färbung (blassgrünlich, olivfarben, rosa-/rost-bräunlich, rahmfarben, fast weiß) mit breiter Fleckenzone am breiten Ende; Zeichnung kastanienbraun, olivfarben, dunkelrot oder grau; glatt; glänzend; spindelförmig
Größe: 22,4 x 16,8 mm; Gewicht: 3-4 g

Die Brutdauer beträgt 14-16 Tage, wobei nur das Weibchen brütet. Die Jungvögel verbleiben anschließend 13-16 Tage im Nest und werden dabei vom Weibchen gehudert und hauptsächlich vom Männchen gefüttert. Erst ab einem Alter von etwa 37 Tagen werden sie selbständig. Bis dahin werden sie von ihren Eltern gefüttert.

 
 

Neuntöter-Familientreffen (© Dietrich Kolbe, Ennepetal, 07.07.2014, xxl-Fotos bei Bildklick)

Noch im 1. Lebensjahr werden Neuntöter geschlechtsreif.
Der Bruterfolg ist sehr schwankend und hängt insbesondere von Wettereinflüssen ab. Anhaltende Regenfälle verhindern eine erfolgreiche Jagd (da Insekten nicht fliegen) und haben teils starke Brutverluste zur Folge.
Im Spätsommer verlassen sie unsere Breitengrade und verbringen den Winter nach einer langen Reise in Ost- und Südafrika.

Nahrung



Neuntöter-Weibchen füttert Jungtier mit Mistkäfer (© Horst Jerzembek, Olsberg, 24.06.2015, xxl-Foto bei Bildklick)

Neuntöter fressen Insekten (Käfer, Heuschrecken, Schmetterlinge, Libellen, Hummeln), Spinnen, Mäuse, Eidechsen und junge Vögel.
Erbeuteten Wespen wird der Stachel entfernt und Käfern der Kopf abgetrennt. Dann wird die Beute unter einen Fuß geklemmt und stückweise verzehrt.



Neuntöter-Männchen mit Raupe als Nahrung (© Horst Jerzembek, Olsberg, 23.07.2014, xxl-Fotos bei Bildklick)

Verbreitung in D/Welt

engl. = Red-backed Shrike



Neuntöter-Männchen (© Axel Steiner, Breckerfeld, 14.06.2015, xxl-Foto bei Bildklick)

Neuntöter sind in fast ganz Europa von Nordspanien über Frankreich, Südengland bis weit nach Nordeuropa verbreitet. Lediglich auf Island, den (restlichen) Britischen Inseln, in Nordeuropa und auf der Iberischen Halbinsel fehlt die Art.
In Deutschland sind Neuntöter flächig verbreitet und teils häufig, aber durchaus auch mit größeren Verbreitungslücken. Es leben hier ca. 90.000 - 200.000 Brutpaare (BALZARI et al., 2013).
Die Rote Liste der bedrohten Vogelarten Deutschlands weist den Neuntöter als ungefährdet, häufig, allerdings bei langfristig stark abnehmendem Bestandstrend (SÜDBECK et. al., 2009).
Weltweite Verbreitungskarte des Neuntöters bei Avibase.

Verbreitung in NRW
Im Westen NRWs fehlt der Neuntöter. Die höheren Lagen sind dichter besiedelt und seine Häufigkeit nimmt von Osten nach Westen ab. Im Zeitraum von 2005-2009 ging man für ganz NRW von 2.600-4.400 Brutrevieren NRW aus.
Der Gefährdungsgrad des Neuntöters bezogen auf die NRW-Großräume ergibt sich wie folgt: Niederrheinisches Tiefland (stark gefährdet), Niederrheinische Bucht (gefährdet), Westfälische Bucht/Westfälisches Tiefland (stark gefährdet, Weserbergland (Vorwarnliste), Eifel/Siebengebirge (gefährdet), Bergisches Land sowie Sauer- und Siegerland (Vorwarnliste).



Neuntöter (© Dietrich Kolbe, Ennepetal, 27.06.2007, xxl-Foto bei Bildklick)


"Der Neuntöter war zu Anfang des 20. Jh. überall in NRW anzutreffen. Danach setzte ein starker Rückgang bis in die 1980er Jahre hinein ein, bei dem insbesondere weite Bereiche der niederrheinischen und westfälischen Bucht geräumt wurden. Danach konnte sich die Art vor allem in den Mittelgebirgen dank zahlreicher Naturschutzmaßnahmen (Heckenanpflanzungen, extensive Grünlandbewirtschaftung) wieder erholen. Nach einem erfreulichen Bestandshoch um die Mitte der 1990er Jahre hat jedoch erneut ein Rückgang eingesetzt. Vielfach unternommene Versuche, den Bestand vor allem in den Verbreitungsschwerpunkten der Mittelgebirgslagen zu stützen, konnten den Rückgang zumindest lokal abmildern. Diese Bemühungen sind fortzusetzen bzw. auszuweiten, z. B. durch die Anlage und Pflege von Dornhecken und den Erhalt einer extensiven Beweidung. Die Rückstufung in die Vorwarnliste war durch die Bestanderholung in den 1980er und 1990er Jahren gemäß dem Kriteriensystem notwendig. Die erneuten Rückgänge spiegeln sich in dieser Rückstufung nicht wider, werden aber in einigen regionalen Einstufungen deutlich: in vier Regionen ist die Art gefährdet oder stark gefährdet." (SUDMANN et al., 2008)



Neuntöter-Jungvogel (© Horst Jerzembek, Olsberg, 23.07.2014, xxl-Fotos bei Bildklick)

Das bedeutendste Brutvorkommen des Neuntöters befindet sich aktuell mit ca. 600 Brutrevieren in der Medebacher Bucht (NWO et al., 2013).

Benutzte Literatur
ARBEITSGEMEINSCHAFT AVIFAUNA HAGEN/ A. WELZEL & S. SALLERMANN (2009): Die Brutvögel Hagens. 1997-2008. (Biologische Station Umweltzentrum Hagen e. V.) 306 S.

BALZARI, C. et al. (2013): Vogelarten Deutschlands, Österreichs und der Schweiz: In zwei Bänden: Band Singvögel, S. 156 f, Haupt-Verlag, Bern

BAUER, H.-G.; E. BEZZEL; W. FIEDLER (2005): Das Kompendium der Vögel Mitteleuropas. Band 1. Nonpasseriformes - Nichtsperlingsvögel. AULA-Verlag, Wiebelsheim. 808 S.

FÜNFSTÜCK, H.-J.; A. EBERT & I. WEIß (2010): Taschenlexikon der Vögel Deutschlands. Ein kompetenter Begleiter durch die heimische Vogelwelt. Quelle & Meyer Verlag Wiebelsheim. 686 S.

GRÜNEBERG, C. et al.(2012): Die Brutvögel Nordrhein-Westfalens, NWO & LANUV (Hrsg.), LWL-Museum für Naturkunde, Münster. 480 S.

JONSSON, L. (2010): Die Vögel Europas und des Mittelmeerraumes. Franckh-Kosmos Verlag. 559 S.

LIMBRUNNER, A; E. BEZZEL; K. RICHARZ & D. SINGER (2001/2007): Enzyklopädie der Brutvögel Europas. Franckh-Kosmos Verlags-GmbH & Co. KG, Stuttgart. Einbändige Sonderausgabe des 2001 erschienenen Doppelbandes. 860 S.

NWO (Nordrhein-Westfälische Ornithologengesellschaft) & Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz NRW (LANUV) (Hrsg.) (2013): Die Brutvögel Nordrhein-Westfalens. 480 S. LWL-Museum für Naturkunde, Münster

PETERSON, R. (1985): Die Vögel Europas: ein Taschenbuch für Ornithologen und Naturfreunde über alle in Europa lebenden Vögel. 14., verbesserte Aufl. Verlag Paul Parey, Hamburg und Berlin. 535 S.

SINGER, D. (2008): Welcher Vogel ist das? Alle Vögel Europas. Franckh-Kosmos Verlags-GmbH & Co. KG, Stuttgart. 430 S.

SVENSSON, L.; K. MULLARNEY & D. ZETTERSTRÖM (2011): Der Kosmos Vogelführer. Alle Arten Europas, Nordafrikas und Vorderasiens. 2. Aufl., Franckh-Kosmos Verlags GmbH & Co. KG, Stuttgart. 448 S.

SUDMANN, S. R.; C. GRÜNEBERG; A. HEGEMANN; F. HERHAUS; J. MÖLLE; K. NOTTMEYER; W. SCHUBERT; W. v. DEWITZ; M. JÖBGES & J. WEISS (2008): Rote Liste und Artenverzeichnis der Brutvogelarten - Aves - in Nordrhein-Westfalen. 5. Fassung, Stand Dezember 2008. Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz - LANUV NRW. pdf

SÜDBECK, P.; H.-G. BAUER; M. BOSCHERT; P. BOYE & W. KNIEF (2009): Rote Liste der Brutvögel Deutschlands 4. Fassung, 30. November 2007. IN: Naturschutz und Biologische Vielfalt 70(1), Rote Liste gefährdeter Tiere, Pflanzen und Pilze Deutschlands: Band 1: Wirbeltiere. Bundesamt für Naturschutz, S. 159-227.

RHEINWALD, G. & M. SCHMITZ (2007): Vögel zwischen Rhein und Weser. So wird Vogelbeobachtung zum Erlebnis. Ginster-Verlag, St. Katharinen, 344 S.

WINK, M.; C. DIETZEN & B. GIEßING (2005): Die Vögel des Rheinlandes. Ein Atlas der Brut und Wintervogelverbreitung 1990-2000. Beiträge zur Avifauna Nordrhein-Westfalens, Bd. 36. Bonn.


Zur Buchliste weiterer interessanter Vogel-Bücher auf www.natur-in-nrw.de

Weitere Informationen zu Vögeln (Aves) im Internet

Avibase: Umfangreiches Datenbank-Informations-System über alle Vögel der Welt. Sie enthält nahezu 2 Million Aufzeichnungen über 10.000 Spezies und 22.000 Subspezies von Vögeln, einschließlich Verbreitungs-Informationen, Taxonomie, Synonyme in mehreren Sprachen und anderes.

birdnet.de: Das Deutsche Forum zum Thema Vögel. Aktuelles, Forum, Fotos, Archiv...


Zur Linkliste weiterer interessanter Vogel-Internetseiten auf www.natur-in-nrw.de