Homepage

Konzeptidee

Artenlisten

Artenprofile

Naturschutz-Praxis

Chronologie

Links

Buchempfehlungen

Newsletter

Natur-Videos

Fotogalerie

Dank an...

Spiel

Suche

Kontakt & Spende

Hilfe

Impressum


 
 

Marderhund, Enok, Waschbärhund - Nyctereutes procyonoides (GRAY, 1834)
Artenprofil von Axel Steiner


Systematische Einordnung

Stamm: Wirbeltiere (Vertebrata)
Klasse: Säugetiere (Mammalia)
Ordnung: Raubtiere (Carnivora)
Familie: Hunde (Canidae)

Fotos (© Ralf Steinberg)
Radevormwald-Dahlerau



(xxl-Foto)
25.03.2010

(xxl-Foto)
25.03.2010
 
Klick auf die kleinen Bilder oder xxl-Ansicht möglich
     
Besondere Merkmale

   

Vorsicht Verwechslungsgefahr! Links: Marderhund, Rechts: Waschbär (Fotos: © Ralf Steinberg) (xxl-Foto 1, xxl-Foto 2)

Verwechslungsarten:
Die Gesichtszeichnung des Marderhundes ähnelt der des Waschbären. Die Kopfmitte zwischen den Augen ist jedoch beim Marderhund hell und nicht wie beim Waschbären schwarz gefärbt! Dieser Unterschied ist auf den beiden oberen Bildern sehr gut zu erkennen. Ferner wirkt der Marderhund eher fuchsartig, trägt im Vergleich zum Waschbären nur eine undeutliche Gesichtsmaske, hat kürzere und rundlichere Ohren, kurze Beine und einen ungeringelten Schwanz.



Dachs (Foto: © Ralf Steinberg)

Dachse unterscheiden sich u. a. durch ihre deutliche schwarz-weiße Gesichtsfärbung von Marderhunden.

Wichtige Bestimmungsmerkmale des Marderhundes: sehr langer zotteliger Pelz mit bräunlich-grauer Grundfärbung; Halsoberseite, Schultern, Rückenmitte und Schwanz sind fast schwarz gefärbt; Bauch und Leistengegend gelblich; sehr buschiger Schwanz; ausgeprägter weißlicher Backenbart; Ohren fast im Fell verborgen; kurze Beine; schwarze zwischen den Augen unterbrochene Augenmaske

Kopfrumpflänge: (50-) 55-65 (-80) cm
Schwanzlänge: 15-20 (-25) cm
Widerristhöhe (stehendes Tier über den Vorderbeinen): 20-25 cm
Hinterfußlänge (Ferse bis Krallenspitze): 10,5-13 cm
Ohrlänge: 4,5-6 cm
Gewicht: 4-10 kg (Durchschnitt ca. 5-7,5 kg)

Spuren: vorne 4-5 cm lang und 5-6 cm breit; Hinterspur etwas kleiner; die Zehen sind sehr stark gespreizt (Unterscheidung zum Fuchs!) und stehen fächerförmig vor dem Hauptballenabdruck; Zehenballen und Krallen deutlich ausgeprägt
In der Literatur wird aber an anderer Stelle in Frage gestellt ob Marderhunde überhaupt sicher an ihrer Spur nachzuweisen sind. Die Abdrücke der Zehenballen eines Fuchses oder kleinen Hundes können in weichem Schlamm ebenfalls gespreizt sein.

Fährte: die Spuren liegen nie in einer Linie sondern haben einen unregelmäßig schlingernden Verlauf

Kot: verdrehte bis zu 8 cm lange Losung

Bau: meist werden fremde Baue anderer Arten genutzt

Stimme: Marderhunde geben klagende (miauen) und langgezogene winselnde Rufe von sich. Sie können zwar knurren aber nicht bellen.

Schädelmerkmale: Alle Hundeartigen (Canidae) weisen die Zahnformel 3142/3143 = 42 auf. Dies bedeutet das sie in einer Hälfte des Oberkiefers 3 Schneidezähne, 1 Eckzahn, 4 Vorderbackenzähne und 2 Backenzähne besitzen. In einer Hälfte des Unterkiefers sitzt ein Backenzahn mehr. Da sich die Angaben nur auf die Hälfte der Kiefer beziehen ergibt sich eine Gesamtzahl von 42 Zähnen.
Am Unterrand des Unterkiefers befindet sich ein deutlicher, beinahe rechtwinkliger Absatz. Der knöcherne Gaumen endet eine Backenzahnlänge hinter dem letzten Backenzahn. Den anderen Hundeartigen (Rotfuchs & Wolf) fehlen besagter Unterkieferabsatz und der Gaumen endet am letzten Backenzahn.

Condylobasallänge (Abstand zwischen Vorderrand des Zwischenkieferbeins und dem Hinterrand der Hinterhauptsgelenkhöcker): 11 cm

Lebensraum
Feuchte, unterholzreiche kleinere Laub- und Mischwälder, sumpfige Wiesen mit Gebüschen gehören genauso zu den bevorzugten Biotopen wie Fluss- und Seeufer mit Röhrichtbeständen. Offene Standorte und dichte Wälder werden gemieden.

Biologie und Lebensweise
Marderhunde sind dämmerungs- und nachtaktiv, so dass man sie nur selten zu Gesicht bekommt. Sie halten sich tagsüber in Erdbauen auf, die sie entweder selber gegraben haben oder von Füchsen oder Dachsen übernommen haben. Der hier gezeigte Marderhund hielt sich in einem sehr großen alten Dachsbau auf, der offensichtlich gleichzeitig von Fuchs, Dachs, Steinmarder und Marderhund besucht/bewohnt wurde.

Die Einzelgänger können gut schwimmen, aber nicht klettern. Als einziger Vertreter der Familie der Hundeartigen hält der Marderhund eine Winterruhe. Im klimatisch günstigen Mitteleuropa bleiben die meisten Tiere aber auch in der kalten Jahreszeit aktiv.
Die Paarungszeit reicht von Februar bis April. Ab April/Mai bringen sie dann nach (45-) 58-65 Tagen Tragzeit (diese schwankt in Abhängigkeit von der Außentemperatur) 6-7 (-12) Junge zur Welt. Diese sind blind, haben ein schwarzes Fell und werden 40-50 Tage gesäugt. Ab der 3. bis 4. Woche nehmen die Jungtiere aber bereits zusätzlich feste Nahrung auf. An der Versorgung der Familie ist auch das Männchen beteiligt. Die ganze Familie bleibt bis Ende August zusammen.
Spätestens am Ende des Sommers verlassen die Jungtiere dann die Elterntiere, um sich eigene Reviere zu suchen. Je nach Lebensraum sind diese Reviere 50-2000 ha groß. Mit 8-10 Monaten sind sie bereits erwachsen.

Zu den Feinden der Marderhunde zählen in erster Linie der Mensch (Straßenverkehr und Jagd) und große Hunde. Junge Marderhunde können auch Füchsen zum Opfer fallen (genau wie umgekehrt!).

Der Marderhundpelz wurde lange Zeit unter dem Namen "Ussurischer Waschbär" verkauft. Hierzulande gilt das Fell jedoch als minderwertig, da sich der jährliche Haarwechsel über einen großen Teil des Jahres hinzieht und sich das Fell nur kurze Zeit verwenden läßt.

Nahrung
Marderhunde sind Allesfresser und ernähren sich im Sommer eher von tierischer Nahrung, wie z. B. Würmern, Schnecken, Insekten, Amphibien, Fischen, Eiern, Vogel-Jungtieren, kleinen Säugetieren (gerne Wühlmäuse) und Aas. Im Herbst enthält der dann eher vegetarische Speiseplan u. a. Obst, Beeren, Kastanien, Eicheln, Nüsse, Graswurzeln, Maiskolben und Rüben.
Die Nahrung spüren die Marderhunde mit Hilfe ihres sehr guten Geruchssinnes auf.

Verbreitung in D/Welt
Ursprünglich waren Marderhunde in Ostasien (u. a. Russland, Ostchina, Japan, Korea) beheimatet. Sie haben sich jedoch seit etwa 1930 stark in westlicher Richtung ausgebreitet und kommen heute u. a. auch in Frankreich, Deutschland, Ungarn, Österreich, Schweden, Finnland und Dänemark vor.
In Deutschland sind Marderhunde wohl inzwischen in den meisten Bundesländern vertreten. In Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg und Sachsen ist der Marderhund häufig, in den anderen Bundesländern deutlich seltener anzutreffen. In Brandenburg sind sie so häufig, dass inzwischen jährlich über 10.000 Tiere geschossen werden.
Marderhunde können sich schnell räumlich ausbreiten, da sie weit umherstreifen und nachweislich sogar Strecken bis 400 km überwinden können. Da sie auch gut schwimmen, stellen Gewässer für sie keine echten Hindernisse dar.

Neozoen (Neozoen sind tierische Neuankömmlinge in der hiesigen Tierwelt. Als eingebürgert gilt ein Neozoe erst dann, wenn die Art über Jahre hinweg konstant in dem besiedelten Gebiet lebt, sich fortpflanzt und verbreitet.), wie z. B. der Marderhund, werden nicht überall mit offenen Armen empfangen. Es besteht immer die Gefahr, dass heimische Arten verdrängt werden. Der Marderhund ähnelt in Größe, Jagdmethode, Nahrungsquellen- und Versteckvorlieben den Waschbären, Füchsen und Dachsen, so dass er in direkter Konkurrenz zu diesen Arten steht. Das vorhandene Nahrungspotential muss demnach durch mehrere Arten geteilt werden. Von einer körperlichen Unterlegenheit des Fuchses kann man sicher nicht sprechen, so dass sich der Marderhund vielleicht auf Kosten des Fuchses ausbreiten kann - er wird ihn aber sicher nicht verdrängen können.

Dass der Marderhund zudem als Tollwutüberträger in Frage kommt, von Trichinen und Fuchsbandwurm befallen werden und an Hundestaupe erkranken kann, lässt seine Sympathiewerte vielerorts weiter sinken. Beim Umgang mit toten (überfahrenen) Marderhunden sollte man seiner eigenen Gesundheit zuliebe Vorsicht walten lassen und Berührungen weitgehend vermeiden.

Verbreitung in NRW
Marderhunde sind erst ab dem Ende der 80er Jahre in NRW nachgewiesen worden. Sichere Meldungen stammen aus den 90er Jahren aus dem Kreis Steinfurt. Auch aus dem Märkischen Kreis, den Kreisen Borken und Coesfeld liegen gesicherte Beobachtungen vor. Weitere Meldungen stammen aus Ostwestfalen, den Kreisen Paderborn und Höxter. Im Jagdjahr 2007/08 wurden in NRW 23 Marderhunde einschließlich Straßenopfern gezählt (neobiota.naturschutzinformationen-nrw.de).

Der Marderhund wird nach dem Landesjagdrecht NRW hierzulande als jagdbare Art geführt. Gemäß §2 der 2006 geänderten Landesjagdzeitenverordnung darf er vom 01.09 bis zum 28.02 bejagt werden. Jungmarderhunde dürfen sogar ganzjährig bejagt werden (nrw.nabu.de).

Hierzulande ist es zum Ausrotten dieser Tierart im Übrigen einerseits viel zu spät und da auch bisher keine nachhaltig schädigenden Einflüsse nachgewiesen werden konnten, besteht dazu andererseits auch gar kein Anlass.
Betrachten wir diesen Neuankömmling doch - genau wie den Waschbären - als Bereicherung der hiesigen Fauna. Eingriffe seitens des Menschen haben sich bisher auch in den seltensten Fällen bewährt.

Benutzte Literatur
AULAGNIER, S.; P. HAFFNER; A. J. MITCHELL-JONES; F. MOUTOU & J. ZIMA (2009): Die Säugetiere Europas, Nordafrikas und Vorderasiens. - Der Bestimmungsführer. Haupt Verlag Bern - Stuttgart - Wien. 272 S.

BANG, P. & P. DAHLSTRÖM (1975): Bestimmungsbuch Tierspuren. Tiere erkennen an Fährten, Fraßzeichen, Bauen und Nestern. BLV Verlagsgesellschaft mbH, München. 240 S.

BERGER, Z.; DOBRORUKA, L. (1985): Säugetiere Europas - Kosmos-Naturführer, Stuttgart: Franckh. 189 S.

GIBSON, C. (2006): Naturführer Wildtiere. Dorling Kindersley, London. 224 S.

GRZIMEK, B. (HRSG.) (1979): Grzimeks Tierleben, Band 12, Säugetiere 3 - Deutscher Taschenbuchverlag GmbH & Co.KG, München

HOFMANN, H. (1993): Tiere in Natur und Garten. Große und kleine Säugetiere Europas bestimmen, kennenlernen, schützen. Gräfe und Unzer GmbH, München. 163 S.

INEICHEN, S. & M. RUCKSTUHL (Hrsg.) (2010): Stadtfauna. 600 Tierarten der Stadt Zürich. Haupt-Verlag. 446 S.

LUDWIG, M. et al. (2000): Neue Tiere & Pflanzen in der heimischen Natur. Einwandernde Arten erkennen und bestimmen. BLV Verlagsgesellschaft mbH, München. 127 S.

REICHHOLF, J. (1982): Säugetiere. Die farbigen Naturführer. Mosaik Verlag GmbH, München. 288 S.

SCHAEFER, M. (2006): Brohmer: Fauna von Deutschland. Ein Bestimmungsbuch unserer heimischen Tierwelt. 22., neu bearbeitete Auflage. Quelle & Meyer Verlag Wiebelsheim. 809 S.

STEINBERG, R. (2010): Natürlich Bergisch! JUHR-Verlag, Wipperfürth. 176 S.


Internet:

neobiota.naturschutzinformationen-nrw.de: Marderhund

nrw.nabu.de: Marderhund


Zur Buchliste weiterer interessanter Säugetier-Bücher auf www.natur-in-nrw.de

Weitere Informationen zum Marderhund (Nyctereutes procyonoides) im Internet

Wikipedia: Weitere Informationen und Fotos über den Marderhund.

NABU Deutschland: Marderhund

naturfoto-online.de: Tolle Fotos vom Marderhund