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Orangeblättriger Spindelspor-Hautkopf
Cortinarius aurantiolamellatus E. LUDWIG & KASPAREK spec. nov.
Artenprofil von Fredi Kasparek
Letzte Änderung: 04.05.2017


Systematische Einordnung

Reich: Pilze (Fungi)
Klasse: Ständerpilze (Basidiomycetes)
Ordnung: Blätterpilze (Agaricales)
Familie: Haarschleierlingsartige (Cortinariaceae)
Gattung: Haarschleierlinge (Cortinarius)
Untergattung:Hautköpfe (Dermocybe)

Fotos (© Fredi Kasparek)
MTB 4408/2 Wulfen (Lavesumer Geisheide)


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Besondere Merkmale, Beschreibung der Artmerkmale

Wissenschaftliche Fachbegriffe werden hier im Pilz-ABC erklärt!

Anmerkung: Diese Art wurde von den Autoren zuvor als Cortinarius aureifolius Peck 1885 fehlinterpretiert. Dank ausführlicher Gensequentierungserkenntnisse, die vorher von dieser Art nicht vorlagen, musste das Epithet aureifolius aufgegeben werden. Da die Sequentierungsergebnisse zu keiner anderen beschriebenen Cortinarius-Art passten, wurde von den Autoren eine Neubeschreibung angefertigt und gültig veröffentlicht.

Habitus-Habitat: Auf sandigem Boden unter Kiefern (Pinus sylvestris). In Europa sind bisher nur zwei Lokalitäten in Deutschland bekannt. Der Pilz scheint nach den Beobachtungen des Verfassers erst spät im Jahr aufzutreten.

Hut: 0,7 – 2,5 cm; flach konvex, selten und höchstens angedeutet gebuckelt, später völlig verflachend und alt auch leicht niedergedrückt; Rand im Alter oft wellig, matt, fein rau, fast „körnig“, unter der Lupe jedoch mit dichten, kurzen, zu Schüppchen zusammengefassten Haarbüscheln; jung orange-weinbraun, purpur- bis kupferbraun, alt kastanienbraun oder schwarzbraun fleckend; nicht hygrophan, jedoch trocken etwas aufhellend

Lamellen: anfangs breit angewachsen, später deutlich herablaufend, etwas dicklich, recht entfernt stehend (28–36 durchgehende), jung feuerfarben-orange, später zunehmend trüber, zuletzt rostfarben

Stiel: 1,2 – 3 x 0,15 – 0,5 cm, zyl. oder mit leicht erweiterter oder schwach verjüngter Basis, frisch apikal gelblich oder hell gelblich-orangebraun, später besonders basal rötlichbraun, stark übersponnen bis raulich-faserig, ohne Cortinazone

Fleisch: Chem. Reakt.: KOH auf HDS. negativ; Fruchtkörper in Spiritus ergab orangefarbenen Extrakt

Geschmack: fehlend

Geruch: Geruch unauffällig (leicht süßlich-pilzig)

Mikromerkmale: Bas. 4sp.; bis 42 x 8 µm groß, bisweilen mit gelblicher Granulierung. Sp. (9) 10 – 12 (14) x (3,5) 4 – 4,5 (5) µm; boletoid (d. h. subzyl. bis schlank fusoid); im Lichtmikr. glatt erscheinend: Das Sporeninnere ist feinkörnig strukturiert und kann eine gröbere Ornamentik vortäuschen, jedoch zeigt die von H. Besl gefertigte REM-Aufnahme eine sehr fein und dicht ornamentierte Oberfläche mit niedrigen, meist miteinander verschmolzenen Wärzchen.), allenfalls am Polende bisw. im Umriss ganz leicht unregelmäßig, blass (hell ockerbraun). Marginalzellen nicht beobachtet. Schnallen reichlich vorhanden. Hyphen der HDS. teilweise fein inkrustiert pigmentiert. Auch in hochprozentiger KOH-Lösung keinerlei purpurfarbene Verfärbungen in der Lamellentrama, den Basidien oder an den Hyphen der Stielrinde.

Sporenpulver: rotbraun

Ökologie, Substrat, Lebensweise
Der in Mitteleuropa nur äußerst selten dokumentierte Orangeblättrige Spindelspor-Hautkopf wurde nach Literaturangaben bisher ausnahmslos bei Kiefern mit vereinzelten Birken entdeckt. Schwach saure, mager-sandige Böden sagen dieser Art offensichtlich zu. Die hier vorgestellte Kollektion fand der Verfasser in einem heideähnlichen Biotop das mit Kiefern, Birken, Flechten und Moosen bewachsen war. Dieser Fundort fügt sich somit in die wenigen bekannten Substratlisten ein. Umfassende Aufzeichnungen zur Lebensweise dieser Rarität sind mangels weiterer Funde aus Deutschland nicht bekannt. Als sicher gilt, dass der Orangeblättrige Spindelspor-Hautkopf mit Kiefern eine Mykorrhiza bildet und dabei einzeln aber gesellig, selten auch mit 2-3 Fruchtkörpern zusammengewachsen auftritt.
Begleitpilze die im gleichen Biotop in naher Nachbarschaft des Orangeblättrigen Spindelspor-Hautkopfes notiert wurden sind der Rosenrote Schmierling (Gomphidius roseus), der Walzenförmige Fälbling (Hebeloma cylindrosporum), der Kuh-Röhrling (Suillus bovinus), die Gelbbraune Wurzeltrüffel (Rhizopogon luteolus = obtextus), das Stachelsporige Graublatt (Lyophyllum tylicolor) und der Trockene Kahlkopf (Psilocybe montana). Sie alle haben ähnliche ökologische Ansprüche wie der Orangeblättrige Spindelspor-Hautkopf. Interessanterweise besitzen - bis auf die letzten beiden Arten - alle boletoide oder schmal ovale Sporen und sind wertvolle Mykorrhizabildner.

Verwechslungsarten oder nahe Verwandte
Durch seinen nicht besonders typischen Dermocybe-Habitus kann der Orangeblättrige Spindelspor-Hautkopf u. a. auch mit diversen Arten aus der Untergattung Telamonia = Gürtelfüße/Wasserköpfe verwechselt werden. Einige Dermocyben sehen sehr ähnlich aus. Sie sind oft nur an feinen, voneinander abweichenden Makro- und Mikromerkmalen in Verbindung mit ihren verschiedenen Substrat- und Standortansprüchen zu erkennen. Daher ist eine mikroskopische Untersuchung potentieller Doppelgänger unumgänglich. In der Regel werden erst dann genetisch und morphologisch bedingte Unterschiede der zu bestimmenden Arten sichtbar.


   

Orangerandiger Hautkopf (Cortinarius malicorius, Foto: Fredi Kasparek) (xxl-Foto 1, 2)

Unter den besser bekannten Hautköpfen könnte der Orangerandige Hautkopf (Cortinarius malicorius) farblich am ehesten mit dem Orangeblättrigen Spindelspor-Hautkopf verwechselt werden. Er kommt jedoch mehr in Fichtenwäldern und dort auf besseren Böden zwischen Moosen und Gräsern vor, und wird mit 4-6 cm bedeutend größer. Seine Lamellen sind im reifen Zustand orangebraun, die Hutmitte meistens tief oliv-braun bis -schwarz, der hellere, gelb-orangene Hutrand sticht dann deutlich ab und wird zusätzlich meistens von faserigen, orangebraunen Velumresten gesäumt.


   

Orangeblättriger Zimthautkopf (Cortinarius cinnamomeus, Foto: Fredi Kasparek) (xxl-Foto 1, 2)

Einer der häufigsten Hautköpfe in unseren Nadelwäldern ist neben dem Orangeblättrigen Zimthautkopf (Cortinarius cinnamomeus) der Safranblättrige Hautkopf (Cortinarius croceus). Beide sind nicht leicht voneinander zu unterscheiden. Vom Orangeblättrigen Spindelspor-Hautkopf sind sie jedoch durch ihre Größe bis 6 cm Ø, ihren Habitus und die abweichenden Hut- und Lamellenfarben gut zu trennen.
Der Orangeblättrige Zimthautkopf zeigt sich meistens in braunorangenen bis -kastanienbraunen Hutfarben. Seine jung orangefarbenen Lamellen behalten lange diesen Farbton um im Alter braunorange nachzudunkeln. Cortinarius cinnamomeus erscheint bei uns vornehmlich in Fichten- und Kiefernwäldern auf sauren Böden und gehört zu den bekanntesten und verbreitetsten Hautköpfen.


   

Safranblättriger Hautkopf (Cortinarius croceus, Foto: Fredi Kasparek) (xxl-Foto 1, 2)

Der Safranblättrige Hautkopf kann mit mehreren Hautköpfen verwechselt werden. Sein variabler gelb-, rötlich-, bis olivbrauner Hut blasst zum Rand gelblich aus und ist fein radialfaserig. Die Lamellen sind jung dominant gelb bis gelbbraun und später in safranbraun umschlagend. Ein gelbbräunlicher Stiel gegenüber dem braun-rotbraunen des Orangeblättrigen Spindelspor-Hautkopfes, sowie die bis 6 cm großen Hüte, und die abweichende Biotop- und Substratwahl (Nadel- und Laubwälder, gerne auch in Sumpfmoosen erscheinend) dienen zur weiteren Unterscheidung.
Generell unterscheiden sich diese Hautköpfe durch ihre zitronen- bis mandelförmigen, warzigen Sporen gegenüber den glatten, spindelig-boletoiden des Orangeblättrigen Spindelspor-Hautkopfes.

Giftigkeit bzw. Speisewert
Unter den Hautköpfen gibt es keine Speisepilze. Sie sind alle giftig und verursachen ± starke gesundheitliche Schäden. Manche Hautköpfe können tödlich wirken. Trotzdem haben Hautköpfe für Pilzliebhaber einen besonderen Reiz. Sie sind nicht nur wegen ihrer farbenfrohen Hüte und Lamellen faszinierend, sondern es macht auch Spaß einen unbekannten Hautkopf der sich seiner Bestimmung hartnäckig widersetzt hat, letztendlich doch noch zu entschlüsseln.

Erscheinungszeitraum
Hautköpfe erscheinen vom Sommer bis zum Spätherbst. Zum Winteranfang lassen die in manchen Jahren üppigen Populationen einiger Arten erheblich nach. Der Orangeblättrige Spindelspor-Hautkopf wurde vom Verfasser jeweils im November aufgesammelt.

Verbreitung/Häufigkeit in Deutschland
In Europa ist Cortinarius aurantiolamellatus bisher nur von zwei Lokalitäten in Deutschland bekannt.

Inzwischen wurde diese Art neben dem Erstfund in NRW nur noch einmal in Sachsen-Anhalt an der Binnendüne bei Grommern unter folgenden Fundumständen nachgewiesen: im nackten Sand (kein Gras), keine Moose, Kiefern in der Nähe. 1 Exemplar, Funddatum: 02.11.2012.

Verbreitung in NRW
Die oben vorgestellte Kollektion entdeckte der Verfasser im November 1996 im MTB 4208/2 Wulfen im Militärischen Sperrgebiet Borkenberge (Platzteil Lavesum). Sie war der Erstnachweis für Deutschland in NRW. Im folgendem Jahr stellte sich der Orangeblättrige Spindelspor-Hautkopf wieder im November am gleichen Standort ein. In den Jahren danach wurden nur noch gelegentlich verkümmerte Populationen beobachtet, die seit 2006 völlig ausblieben, was den Raritätsstatus dieser Art untermauert.

Summary

Cortinarius aurantiolamellatus E. Ludw. & Kasparek, spec. nov.

Small species, belonging to subgenus DERMOCYE, with boletoid spores of (9) 10 – 12 (14) x (3,5) 4 – 4,5 (5) µm, appearing smooth under the light microscope but very delicately and densely warty under REM. Differing from the similar Cortinarius aureifolius, which occurs in the same habitat, by vividly orange gills and negative microchemical reaction to KOH, i.e. no part of the fruit body staining purplish. Hitherto only known from two localities in Germany but perhaps also occurring in North America.
Holotypus: Germany, country Nordrhein-Westfalen, Wulfen: Lavesumer Geisheide. On sandy ground (heathland) under young Pinus sylvestris and Betula, among sparse mosses and lichens (Polytrichum, Cladonia). Leg. F. Kasparek. 2.11.1996.

Eingesehene Literatur
AMMIRATI, J. F. & A. H. SMITH (1969): The Michigan Botanist 8: S. 176-179

ARNOLD, N. (1993): Morphologisch-anatomische Untersuchungen an der Untergattung Telamonia (Cortinarius-Agaricales)

BESL, BRESINSKY & KRONAWITTER (1975): Notizen über Vorkommen und systematische Bewertung von Pigmenten in höheren Pilzen (1). Z. Pilzkunde 41, S. 81-88

FINCK, W. (1997): Der Tintling, Die Pilzzeitung, Heft 2. Ein einfacher Test zum Nachweis bestimmter Farbstoffe in Pilzen

JACOBSSEN, S. (1981): Cortinarius aureifolius Peck in Schweden. Göteborgs Svampclubbs Ärsskrift

KASPAREK, F. (1997): Der Tintling, Die Pilzzeitung, Heft 1. Goldblatt gefunden, Gattung gesucht. S. 4-8

LUDWIG, E. (2017): Pilzkompendium Band 4 Beschreibungen;-Band 4 Abbildungen; FUNGICON-Verlag

SINGER, R. (1965): Die Röhrlinge Teil 1


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Weitere Informationen zu Pilzen (Fungi) im Internet

www.tintling.de: Pilzzeitung (Der Tintling), Wochenkalender, Infos, Fachbeiträge, Fotos, Rezepte, Literatur...

www.pilzepilze.de: Forum, mehr als 500 Pilze in der Galerie, Interessantes über Pilze, Literaturempfehlungen...

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